Die Alpine A210 mit der Chassis-Nummer 1725 von Jürgen Clauss
Die blaue Mauritius aller Alpine's | Ein Kunstwerk auf Rädern
Es gibt Träume, die begleiten uns ein Leben lang. Sie reifen leise im Hintergrund, getragen von Erinnerungen, Begegnungen, Leidenschaft. So auch mein Erwerb des wohl bedeutendsten Fahrzeugs der Alpine-Geschichte - der A210 mit der Chassis Nummer 1725, sagt Jürgen Clauss - Driver, Builder, Collector und Gründer von alpineLAB.
Die außergewöhnlichste A210 unter den nur 7 gebauten Exemplaren - die ehemalige Le-Mans-Alpine von Gérard Gombert – ein Wagen, der Motorsportgeschichte schrieb, welcher unberührt blieb und zu welcher ich eine persönliche Verbindung trage. Für viele ist sie der Heilige Gral unter allen Alpines. Für mich ist sie noch mehr, ein Symbol für Leidenschaft, Beharrlichkeit und Originalität – und nun ein Teil meiner persönlichen Alpine-Geschichte, führt Jürgen weiter aus.
Die Geschichte des Fahrzeugs
Automobiles Alpine wurde 1955 von Jean Rédélé gegründet – dem jüngsten Konzessionär von Renault und einem talentierten Ingenieur und Fahrer – und hatte mit seinen wendigen Sportwagen bald Erfolg im Straßen- und Rallyesport. Wahres Prestige konnte jedoch wohl nur in Le Mans gewonnen werden, was Alpine dazu veranlasste, Anfang der 1960er Jahre ein Langstreckenprogramm ins Leben zu rufen.
1966 hatte das Streben von Alpine nach Ruhm die A210 hervorgebracht. Wie der Name schon sagt, teilte sie die Designphilosophie – und die leichte Glasfaserkonstruktion – mit dem straßentauglichen A110, aber ihre Karosserie wurde drastisch verlängert und mit markanten Heckflossen für Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten versehen. Eine Reihe von hochgradig abgestimmten Gordini-Renault-Reihenvierzylinder-Motoren mit zwei Nockenwellen sorgten für Leistung.
Die A210 mit der Fahrgestellnummer 1725 zeichnete sich in ihrer Premierensaison auf Anhieb aus. Pilotiert von Henri Grandsire und José Rosinski und angetrieben von einem 1.296-cm³-Motor belegte sie bei den 24 Stunden von Le Mans 1967 den 9. Platz in der Gesamtwertung und den 1. Platz in der ihrer Klasse. Bei der letzten Auflage der 12 Stunden von Reims folgte ein weiterer 9. Platz - und nach einem gescheiterten Versuch bei den 500 Kilometern auf dem Nürburgring endete die Saison mit einem 7. Platz bei den 9 Stunden von Kyalami - bei welchem sie mit einem 1.470-cm³-Motor ausgestattet war.
Der Erfolg setzte sich 1968 mit einem 4. Platz bei den 500 Kilometern auf dem Nürburgring fort und einem beeindruckenden 14. Platz in der Gesamtwertung und einem 1. Platz in ihrer Klasse in Le Mans, gefahren von der Paarung Jean-Claude Andruet und Jean-Pierre Nicolas. Da das Chassis 1725 mit einem 1.005-cm³-Motor ausgestattet war, gewann der Wagen in diesem Jahr auch den Index of Performance. 1969 startete das Fahrzeug erneut in Le Mans. Es wurde von Alain Le Guellec und Bernard Tramont pilotiert und von einem 1.470-cm³-Motor angetrieben, schied aber nach zwei Stunden wegen eines Defekts der Kopfdichtung aus.
Das Fahrgestell 1725 soll 1970 von Christian Martin, einem langjährigen Renault-Mitarbeiter, erworben worden sein. Kurz darauf wurde es von Gérard "La Gombe" Gombert gekauft, einem Mechaniker und Motorradrennfahrer, der in der Nähe des Dorfes Fayence in Südfrankreich lebte. Es wird angenommen, dass "La Gombe" die Alpine eine Zeit lang auf der Rennstrecke benutzte und diese auf einem Anhänger hinter einem Renault Estafette-Van transportierte. Er erkannte ihre Bedeutung: Während der größte Teil seines Wagenschatzes, der auf Dutzende von Fahrzeugen anwuchs, im Freien stand, wurde die A210 in einem Schuppen untergebracht und somit vor der Witterung geschützt. Dort verweilte das Fahrzeug über vier Jahrzehnte. Quelle: RM Sotheby's
Der lange Weg der blauen Mauritius aller Alpine's in die Sammlung von Jürgen Clauss
Nach Gérard Gomberts Tod im April 2016 wurde seine Sammlung, deren Star zweifellos das Chassis 1725 war, versteigert und Jürgen Clauss war fest entschlossen, sich den A210 zu sichern. Doch das Fahrzeug war bei der Auktion in Fayence sehr gefragt, der Preis stieg ins Unermessliche und ein anderer Alpine-Liebhaber machte das Rennen.
7 weitere Jahre musste Jürgen warten, bis die A210 wieder auf der Bildfläche erschien und sich für ihn damit eine zweite Chance ergab, die französische Schönheit nach Alfdorf-Brech zu holen. Im Rahmen der Le Mans Centenary Auction wurde vom Auktionshaus RM Sotheby’s am 9. Juni 2023 die legendäre Alpine A210 aus dem Jahr 1967 zum Verkauf angeboten. Die Besitzer hatten sich klugerweise für eine sorgfältige Konservierung und nicht für eine vollständige Restaurierung entschieden. Nach der Reinigung war nur das ansprechend patinierte Äußere der A210 in seine Lackierung für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans von 1968 zurückversetzt und der dreifarbige Streifen und die Startnummern "55" wieder angebracht worden.
Mein Herz schlug schneller, als das Bietergefecht begann, erzählt Jürgen. Ich hatte mein Limit festgelegt, hatte kalkuliert, geplant, gehofft. Mit zitternden Fingern gab ich mein erstes Gebot ab. Die Zahlen kletterten, der Puls stieg - für einen kurzen Moment war ich vorn. Doch dann – ein neues Gebot, höher und noch eines. Ich zögerte. Ich kämpfte mit mir selbst. Noch ein bisschen höher? Doch da war es – mein Limit. Ich konnte nicht weiter. Die Zahl auf dem Bildschirm blieb stehen. Ich wusste, was das bedeutete. Der Mindestpreis war nicht erreicht. Sie blieb unverkauft. Kein neuer Besitzer, kein neuer Anfang. Sie würde zurück in eine dunkle Halle rollen, wieder verschwinden – zumindest für eine Weile.
Doch das Schicksal war Jürgen wohlgesonnen. Im Dezember 2024 tauchte die A210 bereits wieder auf – diesmal zum Verkauf bei Ascott Collection in Frankreich. Sofort unterbreitete er sein Angebot, verbunden mit vielen Telefonaten und Verhandlungen. Und wieder stand alles auf Messers Schneide. Selbstverständlich gab es weitere Interessenten und Xavier Micheron - der Gründer von Ascott Collection - hatte im Sinn die A210 im Februar 2025 auf der Retromobile in Paris auszustellen. Mir war klar, wenn sie erst einmal in Paris steht, ist sie für mich verloren. Ich musste jetzt alles auf eine Karte setzen, berichtet Jürgen.
Der entscheidende Moment kam, als der Besitzer meine Website sah – und meine Arbeit rund um die Alpine A110.
Er erkannte die Ernsthaftigkeit meiner Leidenschaft, die Tiefe meiner Verbundenheit zur Marke Alpine.
Er spürte wohl, dass dieses Auto bei mir nicht einfach in einer Sammlung verschwindet, sondern in ein neues Kapitel aufbricht. Ein Kapitel, das von Wertschätzung, technischer Expertise und echter Alpine-Leidenschaft geprägt ist.
Er erkannte, dass ich kein Spekulant bin, kein Händler - sondern ein Bewahrer, ein Enthusiast - ein Teil dieser Geschichte.
Dann kam der erlösende Anruf von Xavier Micheron, welcher maßgeblichen Anteil daran trägt, dass diese geschichtsträchtige Alpine in meine Hände gelangte. Ich werde den Moment nie vergessen, mein Herz schlug wie beim Start eines Langstreckenrennens. Zwei Jahrzehnte Sehnsucht, Rückschläge, Hoffen – alles fand in diesem einen Moment seinen Sinn.
Meine Begegnung mit der Alpine A210 #1725 im Rahmen der Classic Gala Schwetzingen 2025
Am Samstag Morgen erwartete mich die Alpine A210 - von der Sonne geküsst - im barocken Schlossgarten von Schwetzingen. Was für ein Anblick! Bereits im Vorfeld hatte ich die A210 unter allen Teilnehmern als mein persönliches Highlight der Veranstaltung auserkoren. Und jetzt stand es vor mir - das wohl bedeutendste Fahrzeug der Alpine-Geschichte - wahrlich ein Kunstwerk auf Rädern. Ihre Ausstrahlung und ihre aerodynamische Form zogen mich magisch an und es war ein Genuss, diese Schönheit mit meiner Kamera in den Fokus zu nehmen. Am Sonntag Nachmittag wurde die französische Rennwagenikone dann übrigens auch als Sieger ihrer Klasse bei der Classic Gala in Schwetzingen geehrt. Ehre, wem Ehre gebührt! Die A210, die neben ihren 3 Einsätzen in Le Mans, auch bei den 12 Stunden von Reims, beim 500-km-Rennen auf dem Nürburgring und den 9 Stunden von Kyalami am Start war, wird 2026 sicherlich auf einigen Veranstaltungen zu bewundern sein und vielleicht von ihrem stolzen Besitzer auch auf der einen oder anderen Rennstrecke bewegt werden. Lassen Sie sich überraschen und freuen Sie sich jetzt schon auf diese geschichtsträchtige Alpine.
Viele weitere faszinierende Geschichten finden Sie auf alpineLAB.de - tauchen Sie ein in die Alpine-Welt von Jürgen Clauss. Sie werden - genauso wie ich - begeistert sein!
